David Jaffe erzählte eine Anekdote dazu, dass er Tim Schafer zur Zeit von "Brütal Legend" gesagt hatte, dass die Echtzeit-Strategie-Elemente für einige Probleme sorgen könnten. Und letztendlich stellte sich nach der Veröffentlichung von "Brütal Legend" heraus, dass die meisten Spieler eben jene Passagen des Titels nicht sonderlich prickelnd fanden und so manchen gar zum Abbruch sowie zum Weiterverkauf anregten.
Doch dann sagte Tim Schafer etwas, was mich zum Denken anregte. Er sagte, dass sein Team von Double Fine Titel wie eben "Brütal Legend" als "too gamey" betitelt. Kann es also sein, dass Videospiele zu viel Gameplay bieten können? Zu viele Mechaniken, die die Spieler nicht begeistern, sondern aufgrund ihrer Komplexität eher abstoßen?
Wenn man sich den Markt in der heutigen Zeit anschaut, dann werden die Verkaufscharts von Titeln dominiert, die durchaus grundsolide Mechaniken haben, jedoch nie so tief in die Materie eintauchen, dass Neulinge oder Gelegenheitsspieler davon Abstand nehmen.
"Call of Duty", "Grand Theft Auto", "Battlefield", "FIFA", "Uncharted" und "Halo" sind nur einige der großen Titel, die in aller Regelmäßigkeit millionenfach den Weg in die Haushalte finden. Doch sind sie allesamt spieltechnisch so simpel gehalten, dass jeder Anfänger ohne große Übung und Frustration erste Erfolge feiern kann.
Dies ist grundlegend nichts Schlechtes, sondern es ist die natürliche Entwicklung der Videospielbranche zu einem Massenmarkt, der sich vor allem auf einen Unterhaltungsfaktor konzentriert. Dadurch sind heutzutage zahlreiche große Titel gefüllt mit Videosequenzen und einer Bombastinszenierung, die leicht verdaulich ist.
Allerdings gibt es auch heutzutage Spiele, die einer Zeit ihre Ehre erweisen, in der es mehrere Ebenen an Gameplaymechnaniken gab, die den Spielern alles abverlangten. Teilweise kann man sogar von einer Überbelegung der Tasten sprechen, wenn man pro Taste teils drei verschiedene Mechaniken auslöst. Für solche Spiele sind eben die oben erwähnten David Jaffe und Tim Schafer bekannt. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein Spiel dementsprechend auch "zu spielerisch" sein kann?
Wenn man es rein auf eine wirtschaftliche Perspektive zieht, dann kommt es regelmäßig dazu, dass sich Titel mit tiefergehenden Spielmechaniken ("Twisted Metal", "Vanquish", "Bayonetta" und Co) meist unter den allgemeinen Erwartungen verkaufen. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen wie die Action-Rollenspiele "Dark Souls" und "Bloodborne" aus dem Hause From Software, die eine Vielzahl an passiven Mechaniken aufweisen und sich trotzdem millionenfach verkaufen. Allerdings haben diese von Haus aus den Ruf weg, dass sie besonders schwierig seien und kreieren allein dadurch bereits eine faszinierende Sog-Wirkung auf die sogenannte Core-Gamerschaft. Jedoch schaffen es auch die "Souls"-Titel nicht in die Sphären der Verkaufszahlen vorzudringen, die die klassischen Blockbuster erreichen. Denn die Schwierigkeit, die zum Teil halt eben auch mit verschiedenen Spielmechaniken zusammenhängt, schreckt auch wieder zahlreiche Spieler ab.
Andere Titel wie "Disgaea", "Vanquish" und Co. werden zwar stets als Geheimtipps genannt, jedoch sind sie kommerziell meist nicht mehr als kleine Strohfeuer. Doch liegt das lediglich an den Spielmechaniken oder vermissen die Spieler den klassischen AAA-Standard mit der grafischen Speerspitze, zahlreichen cineastischen Zwischensquenzen und eine Mischung aus Einzel- sowie Mehrspielerelementen?
Letztendlich liegt der Grund in einer Mischung aus beiden Elementen. Nehmen wir nämlich das im vergangenen Monat veröffentlichte "Star Wars Battlefront" zum Vorbild, so konnte man bereits im Vorfeld der Veröffentlichung mit einem Verkaufsschlager rechnen. Schließlich handelt es sich um einen Titel der weltweit bekannten "Star Wars"-Marke, der zudem wenige Wochen vor dem Start des aktuellen Kinofilms "Star Wars: Das Erwachen der Macht" auf den Markt geschmissen wurde. Nichtsdestotrotz haben Electronic Arts und DICE auch beim Spiel an sich nachgeholfen. So bietet "Star Wars Battlefront" eine beeindruckende Grafik- und eine ebenso überzeugende Soundkulisse. Zudem wurde das allgemeine Gameplay so stark reduziert, dass Neulinge keinerlei Probleme mit den Mechaniken haben und sich auch nicht die Finger verknoten müssen. Es ist die einfachste und zugleich klassischste Form von "Pick up & Play".
Ein weiteres Paradebeispiel ist auch unser Lieblingsklempner Mario, der seit dem Nintendo 64 auch in 3D-Welten herumspringt. In den vergangenen zehn Jahren waren die beiden "Super Mario Galaxy"-Titel vor allem bei Kritikern einige der beliebtesten Titel und gelten als Meisterwerke. Doch in den Verkaufszahlen hat sich dies nicht so stark widerspiegelt, wie man letztendlich vermuten kann. "Super Mario Galaxy" verkaufte sich noch 12,5 Millionen Mal, wohingegen der Nachfolger lediglich 7,41 Millionen Einheiten absetzen konnte. Interessanterweise hat der 2D-Ableger "New Super Mario Bros. Wii" im September 2015 die 29 Millionen-Marke geknackt. Ist das ein Zufall?
Garantiert nicht. Bekanntermaßen sind 2D-Mario-Titel das Herz des Jump'n'Run-Genres und sind sowohl für jung und alt, für Casual- und Core-Gamer spielbar. Die 3D-Titel erfordern hingegen noch einen geübten Umgang mit der freibeweglichen Kamera und ein gewisses Raumgefühl, um den Gegnern auch auf die Rübe zu springen.
Wenn man sich demnach ein wenig umschaut, kann man recht schnell erkennen, dass David Jaffe und Tim Schafer durchaus ein Argument haben, wenn sie einen Titel als "zu spielerisch" betiteln. Zumindest wenn man dies von dem kommerziellen Standpunkt heraus sieht.
Doch mich persönlich interessieren diese "zu spielerischen" Titel deutlich mehr als jeder Blockbuster-Titel. Im kommenden Jahr stehen auf meiner Spieleliste dick und fett Titel wie "Street Fighter V", "Persona 5" oder auch "Drawn to Death", die allesamt mehr Spielmechaniken und Feingefühl bieten als es dem Massenmarkt lieb sein kann. Während ich bei "Drawn to Death" dafür bete, dass genügend Spieler diesem Free-to-Play-Titel eine Chance geben, mache ich mir bei "Persona 5" und "Street Fighter V" eher geringere Sorgen. Das JRPG ist vor allem im japanischen Raum eines der meist erwarteten Spiele überhaupt und "Street Fighter V" versucht auch etwas einsteigerfreundlicher zu werden und bietet den Spielern unter anderem ein Tutorial an.
Dementsprechend lasst Spiele ruhig "zu spielerisch" sein, denn ohne diese Spiele wäre die Gaming-Landschaft doch etwas zu trist. Und jeder Spieler sollte solchen Titeln ebenfalls einmal eine Chance geben. Wer weiß, was man letztendlich alles entdecken wird.