Mittwoch, 13. Juni 2018

E3 2018 - Wer hat die Messe gewonnen? - Fazit nach den E3-Pressekonferenzen

In Los Angeles befindet sich die E3 2018 noch im vollem Gange, jedoch sind die Pressekonferenzen der großen Publisher Sony Interactive Entertainment, Microsoft, Nintendo, Electronic Arts, Ubisoft, Square Enix und Bethesda Softworks beendet. Selbst Devolver Digital und die PC Gaming Show hatten etwas zu zeigen.

Aus redaktioneller Sicht bedeutet die E3 in jedem Jahr einen enormen Stress, wenig Schlaf und eine Menge an Diskussionen. Schließlich bedeutet ein Blick auf den Release-Kalender auch für uns, ob uns ein erfolgreiches Jahr bevorsteht oder das Interesse an Spielen nicht sonderlich hoch ausfallen wird. Nichtsdestotrotz bin ich auch ein passionierter Gamer, der auch seine eigenen Hoffnungen und Wünsche hat. Somit ist es an der Zeit ein Fazit zu ziehen und einen Ausblick auf den Rest meines persönlichen Spielejahres zu geben.

Gehen wir alle Konferenzen der Reihenfolge nach durch und schauen, was überrascht und was letztendlich enttäuscht hat.

Electronic Arts


Es ist Electronic Arts in diesem Jahr nicht gelungen einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Eine langweilige Präsentation mit langen Erklärungen wurde nur von wenigen interessanten Informationen und Spielen begleitet. Ein kurzer Multiplayer-Trailer zu "Battlefield 5" kann nicht überzeugen, wenn man nach der Konferenz bei YouTube nach vereinzelten Minuten Gameplay suchen muss, um zu schauen, ob der Shooter zu alter Stärke zurückkehrt oder DICE nach "Battlefield 1" und den beiden "Star Wars Battlefront"-Spielen einen weiteren Titel auf den Markt schmeißen wird, bei dem ihnen die Spieler nach einem Monat in Scharen davonrennen.

Allerdings waren auch andere Präsentationen zu vorhersehbar. "FIFA 19", "NBA Live 19" und auch "Madden NFL 19" konnten keinen Eindruck hinterlassen, da man wieder auf Trailer anstelle von tatsächlichen Einblicken gesetzt hatte. BioWares "Anthem" wirkte in der fünfminütigen Gameplay-Präsentation auch uninspiriert. Das Prädikat "Destiny-Klon" könnte dem kooperativen Rollenspiel-Shooter nicht gut stehen.

Lediglich "Unravel Two" und "Sea of Solitude" konnte von der EA Play-Pressekonferenz in Erinnerung bleiben, wobei mich persönlich beide Spiele kaltgelassen hatten.

Die "Ankündigung" von Respawn Entertainments "Jedi: Fallen Order" war hingegen mehr als nur enttäuschend. Warum stellt man Vince Zampella, einen der Schöpfer von "Call of Duty 4: Modern Warfare", lediglich ins Publikum um lose Informationen zu dem neuen "Star Wars"-Spiel zu nennen? Dies ist respektlos dem Entwickler und den Fans gegenüber.

Electronic Arts muss in Zukunft die eigenen Pressekonferenzen modernisieren. Legt den Fokus auf Spielepräsentationen anstatt auf das Herunterrattern von Werbesprüchen, die letztendlich nicht mehr als leere Versprechen sind! Und große Neuankündigungen könnte man sich auch mal wieder für die E3 aufbewahren.

Highlights: Keine

Enttäuschungen: "Jedi: Fallen Order"-Ankündigung, "Battlefield 5"-Präsentation, "Anthem", keine großen Neuankündigungen

Microsoft


50 Spiele, zahlreiche Weltpremieren und eine gesunde Anzahl an Exklusivtiteln stellten sicher, dass Microsofts E3-Pressekonferenz immer wieder mit namhaften Titeln für Spannung sorgen konnte. Zwar verließ man sich größtenteils auf eine Trailershow und zeigte nur bei gewissen Ausnahmen wie "Forza Horizon 4" oder auch "Gears of War 5" etwas Gameplay, jedoch konnte Microsoft Nachfolger zu ihren drei größten Marken präsentieren. Eine Show, die mit einem neuen "Halo" beginnt und mit dem seit Jahren heiß erwarteten "Cyberpunk 2077" endet, kann nur selten enttäuschen.

Ankündigungen wie "Devil May Cry 5", "Sekiro: Shadows Die Twice", "Dying Light 2", "Just Cause 4" oder auch "Tom Clancy's The Division 2" sorgten letztendlich dafür, dass auch zwischen den beiden Blockbustern zu Beginn und zum Ende der Show eine Menge Interessantes gezeigt wurde. Darüber hinaus hatte Microsoft mit firmeninternen Ankündigungen wie den Kauf von Ninja Theory bewiesen, dass man in die Zukunft investiert und fortan auch im zuletzt schwächelnden First-Party-Segment nachlegen möchte. Die beiläufige Bestätigung einer weiteren Konsolengeneration war letztendlich nur die Kirsche auf der Torte.

Microsofts Pressekonferenz stützte sich zwar hauptsächlich auf Multiplattform-Titel, jedoch sollte solch eine Veranstaltung die Zuschauer immer auch unterhalten. Dies ist den Redmondern in diesem Jahr durchaus gelungen.

Highlights: "Devil May Cry 5", "Sekiro: Shadows Die Twice", "Cyberpunk 2077"

Enttäuschungen: "Shadow of the Tomb Raider"

Bethesda Softworks


In der Nacht vom Sonntag auf den Montag fand dann wiederum die Bethesda-Konferenz statt und mir ist einmal mehr etwas bewusst geworden ─ Bethesda-Spiele treffen meist meinen Geschmack nicht.

Nichtsdestotrotz muss ich aus der Sicht eines Redakteurs zugeben, dass Bethesda Softworks eine Menge interessante Spiele und Projekte vorgestellt hat, die in den nächsten Monaten und auch Jahren die Schlagzeilen immer wieder beherrschen werden. Allerdings hätte es mir besser gefallen, wenn man "Rage 2" und "Fallout 76" erst im Rahmen der Pressekonferenz enthüllt hätte. Die anderen Ankündigungen wie "Doom: Eternal", "Wolfenstein: Youngblood", "Prey: Mooncrash" oder "The Elder Scrolls: Blades" ließen mich persönlich kalt.

Die Teaser-Trailer zu "Starfield" und "The Elder Scrolls VI" hätte man sich letztendlich sparen können. Jedoch bestreitet Bethesda Game Studios zumindest in Zukunft nicht mehr, dass man an einem "The Elder Scrolls VI" arbeitet. Diese ewigen Dementi hatte ihnen eh nie jemand geglaubt.

Da ich seit dem Abschied vom Tabletop kein Fan der "Fallout"-Reihe mehr bin, konnte mich auch der neueste Online-Titel nicht überzeugen. Lediglich "Rage 2" hatte mich gut unterhalten und dafür gesorgt, dass ich ein gewisses Interesse an dem Spiel habe.

Alles in allem eine gute Präsentation mit viel Gameplay, einigen Teasern und zahlreichen Informationen. Ich bin der Meinung, dass Bethesda ein weiteres Mal bewiesen hat, dass sie am besten ihre eigene Zielgruppe kennen und auch genau wissen, welche Nische ihre Spiele zu füllen haben.

Highlights: "Rage 2", Andrew W.K.

Enttäuschungen: Keine

Devolver Digital


Viel muss man zu den Spaßvögeln von Devolver Digital nicht sagen. Eine unterhaltsame, kurzweilige Pressekonferenz mit einem für mich interessanten Titel: "My Friend Pedro". Das Action-Ballett hat mich sowohl zum Lachen als auch zum Staunen gebracht.


Highlights: "My Friend Pedro"

Enttäuschungen: Wenige Ankündigungen

Square Enix


Ich hatte recht große Hoffnungen und Square Enix konnte sie keineswegs erfüllen. Der 30-minütige Showcase war zwar in Form der Präsentation besser als die Pressekonferenz vor einigen Jahren, die vor Langeweile nur so strotzte, jedoch hatte Square Enix bewiesen, dass sie kein Selbstvertrauen in ihre eigene Veranstaltung hatten.

Das Gameplay von "Shadow of the Tomb Raider", das mich im Übrigen eher abgeschreckt als überzeugt hatte, die Vorstellung von "Just Cause 4" und den neuen Trailer zu "Kingdom Hearts 3" hatte man allesamt am Vorabend bei Microsoft verbraten, sodass die großen Highlights direkt verpufft waren. Warum zeigt Square Enix lediglich einen Extended-Trailer zu "Kingdom Hearts 3" auf der eigenen Konferenz und einen komplett neuen rund um "Fluch der Karibik" wenige Stunden später bei Sony Interactive Entertainment? Somit war der größte Blockbuster des Publishers in der eigenen Präsentation irrelevant.

"Octopath Traveler" erscheint zwar im nächsten Monat für die Nintendo Switch, jedoch ließ Square Enix auch in diesem Fall die Ankündigung einer neuen Demo und eines umfangreichen Trailers für Nintendo übrig und zeigte nur wenige Sekunden aus dem Spiel. 

Lediglich die Ankündigung des neuen Platinum Games-Actionspiels "Babylon's Fall" hatte mich mitgerissen. Doch zeigte man lediglich einen wenig aussagenden Teaser-Trailer. Weiterführende Informationen für die Presse blieben ebenfalls aus.

Den Square Enix-Showcase hätte man sich letztendlich auch sparen können, wenn man alles Wichtige bei anderen Publishern unterbringt.

Highlights: "Babylon's Fall"

Enttäuschungen: "Shadow of the Tomb Raider", fehlendes Vertrauen in die eigene Präsentation

Ubisoft


In diesem Jahr hatte Ubisoft wieder mit so manchem Leak zu kämpfen. So hatte man bereits im Vorfeld bestätigen müssen, dass man "Assassin's Creed: Odyssey" enthüllen würde. Das Spiel entpuppte sich letztendlich als ein Reskin von "Assassin's Creed: Origins", der mit Spielmechaniken von "Assassin's Creed: Black Flag" erweitert wurde. Dadurch wirkt das Abenteuer im antiken Griechenland alles andere als originell, auch wenn man zwei unterschiedliche Charaktere und Dialog-Optionen im Stile eines BioWare-Rollenspiels ins Spiel integriert. Mein Interesse ist dementsprechend gering.

Von "Beyond Good & Evil 2" zeigte man wiederum einen weiteren CGI-Trailer, der zwar nett anzusehen war, jedoch für mich nicht nötig gewesen wäre. Die Einbindung der Community in die Erschaffung der Musik und der Kunst gefiel mir hingegen.

Der Rest der Pressekonferenz wirkte letztendlich wie eine Neuauflage der letztjährigen Show. Ein weiteres Mal "Skull and Bones", ein weiteres Mal "Starlink: Battle for Atlas", ein weiteres Mal "Mario + Rabbids: Kingdom Battle", ein weiteres Mal "Transference" ...

"Tom Clancy's The Division 2" wurde bereits einen Abend zuvor bei Microsoft enthüllt und war dementsprechend auch nur ein weiterer Aufguss. Lediglich "Trials: Rising" war eine Überraschung und konnte mich persönlich überzeugen. Eine Enthüllung eines neuen "Splinter Cell", die wochenlang in der Gerüchteküche herumschwirrte, blieb aus.

Letztendlich blieb Ubisoft ein weiteres Mal eher enttäuschend. Lediglich der tanzende Panda zu Beginn der Show bleibt überaus positiv in Erinnerung.

Highlights: "Trials: Rising", tanzender Panda

Enttäuschungen: "Assassin's Creed: Odyssey", kein "Splinter Cell", kaum etwas Neues

PC Gaming Show


Ich bin kein PC-Spieler. Ich war immer ein Konsolenspieler. Nichtsdestotrotz gab es im Rahmen der PC Gaming Show einige wenige Spiele, die ich unterhaltsam fand. Die Präsentation gefiel mir nicht sonderlich und der Fokus auf Battle Royale-Spiele schreckt mich ab, jedoch hatte man am Ende zumindest einen ersten Gameplay-Trailer zu "Hitman 2" gezeigt.

Auch aus redaktioneller Hinsicht war nicht viel Relevantes vorhanden, doch freute es mich, dass Bluebyte mit "Anno 1800" vertreten war, nachdem man bei der Ubisoft-Pressekonferenz außen vor gelassen wurde.

Highlights: "Hitman 2", "Maneater", "Anno 1800"

Enttäuschungen: drei Battle Royale-Spiele

Sony Interactive Entertainment


Jedes Jahr beschweren wir uns als Redakteure über die Uhrzeit der PlayStation-Pressekonferenz und jedes Jahr sitzen wir nachts um 3 Uhr am Rechner, um unsere Leser so schnell wie möglich mit den neuesten Ankündigungen und Informationen zu versorgen.

Sony Interactive Entertainment hatte in diesem Jahr bereits Wochen vor der Veranstaltung bekanntgegeben, dass man sich auf die Präsentationen von "The Last of Us: Part 2", "Ghost of Tsushima", "Death Stranding" und auch "Spider-Man" konzentrieren würde und dies mit Ankündigungen von Third-Party-Spielen garnieren würde. Dieses Versprechen hatte man letztendlich eingehalten.

Die Gameplay-Enthüllung von "The Last of Us: Part 2" hatte mich mitgerissen und im Bezug auf die Animationen und Dynamik beeindruckt. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass Sony Interactive Entertainment mit diesem Spiel die Pressekonferenz hätte beenden müssen. Die Umbaupause hatte jeglichen Fluss der Show gestohlen, sodass die PlayStation Plus-Ankündigung von "Call of Duty: Black Ops 3" beinahe unter den Tisch gefallen war. Zudem war "The Last of Us: Part 2" meiner Meinung nach das beste Spiel der E3 2018 und dabei mochte ich den ersten Teil nicht einmal.

"Ghost of Tsushima" konnte mich mit seinem Artstyle überzeugen. Allerdings ließ mich das Gameplay soweit noch recht kalt, auch wenn ich als einstiger Japanologie-Student durchaus ein Interesse an diesem Samurai-Abenteuer habe.

Hideo Kojimas "Death Stranding" hatte mich nicht unbedingt enttäuscht, allerdings hatte es mich auch nicht unbedingt überzeugt. Das gezeigte Gameplay bestand letztendlich aus laufen, klettern, schleichen, sterben und dem Überwinden von Schluchten. Die Enthüllung von Lea Seydoux als einer der weiblichen Charaktere hatte mich zumindest begeistert, da sie zu meinen Lieblingsschauspielerinnen gehört.

Im Falle von Insomniac Games' "Spider-Man" war ich positiv beeindruckt. Mit der Enthüllung von Scorpion und anderen Schurken hatte man bei mir einen Nostalgiefaktor erwischt, der mich zurück in die frühen 90er versetzt hatte. Das Spiel hatte mich eh schon interessiert, jedoch steht einem Launch-Kauf nichts mehr im Wege.

Die anderen Ankündigungen wie "Control", "Resident Evil 2 Remake" und "Nioh 2" überzeugten mich nicht. "Resident Evil 2 Remake" sah tatsächlich erst in einem anderen Trailer und einem entsprechenden Gameplay-Video interessant aus. Lediglich der neue "Kingdom Hearts 3"-Trailer mitsamt der Ankündigung der gesamten Kollektion aller Teile der Rollenspiel-Reihe konnte mein Interesse wecken.

Außerdem fehlte mir persönlich ein Termin zu "Dreams" und eine Zeitraum-Einschätzung zu den anderen Sony-Exklusivtiteln.

Highlights: "The Last of Us: Part 2", "Spider-Man", "Kingdom Hearts 3", Lea Seydoux

Enttäuschungen: Fehlender "Dreams"-Termin, "Death Stranding"-Gameplay

Nintendo


Zum Abschluss sollte die Nintendo Direct folgen, bei der ich erhofft hatte, dass Nintendo einen oder zwei interessante Einzelspieler-Blockbuster für die Nintendo Switch ankündigt, die noch in diesem Jahr erscheinen würden. Schließlich war das zweite Nintendo Switch-Jahr bisher ein Jahr der Remaster, die zwar ganz nett sind, mich jedoch nicht vom Hocker hauen. 

Die Nintendo Direct fing mit "Daemon X Machina" noch interessant an und die Vorstellung von "Fire Emblem: Three Houses" begeisterte mich ─ bis Nintendo bestätigte, dass die Veröffentlichung auf das kommende Jahr verschoben wurde. Der Shock-Release von "Hollow Knight" war auch gut, doch der Rest enttäuschte mich auf ganzer Ebene.

Ein "Super Mario Party" trifft mein Interesse nicht. Eine fehlende Präsentation von "Metroid Prime 4" oder "Yoshi" machte auch keinen guten Eindruck. "Pokémon Let's Go, Pikachu!" und "Pokémon Let's Go, Evoli!" veranlassen mich aufgrund ihrer "Pokémon GO"-Mechaniken ebenfalls nicht zu einem Kauf. Die 25-minütige Präsentation von "Super Smash Bros. Ultimate" schoss jedoch den Vogel ab. Wieso veranstaltet man eine Nintendo Direct zur E3, wenn man auch eine reine Direct zu dem Kampfspiel hätte machen können?

Zu allem Überfluss war ich nie ein Fan von "Super Smash Bros.", was wiederum bedeutet, dass für mich dieses Jahr nicht ein einziger Nintendo-Blockbuster für die Nintendo Switch erscheint. Dies ist die größte Enttäuschung der Messe, da die Konsole somit in diesem Jahr lediglich als Indie-Konsole herhalten wird.

Highlights: "Fire Emblem: Three Houses", "Hollow Knight"

Enttäuschungen: "Fire Emblem: Three Houses"-Termin, "Super Smash Bros."-Fokus, fehlendes Nintendo-Lineup für Einzelspieler

Fazit

Somit bleibt unter dem Strich festzuhalten, dass die Konferenzen, bei denen ich mir etwas erhofft hatte, enttäuschend ausfielen und mich Spiele, die mich zuvor nicht interessiert hatten, plötzlich angesprochen haben. Zudem hat die E3 2018 nichts an meinem weiteren Spielekalender dieses Jahres verändert. Alle Spiele, die mich von der Messe interessiert hatten, erscheinen entweder im nächsten Jahr oder waren bereits zuvor auf dem Zettel.

Die besten Konferenzen hatten meiner Meinung nach Microsoft und Bethesda Softworks. Sie waren unterhaltsam und hatten gute Spiele im Programm. Nintendo, Square Enix, Ubisoft und Electronic Arts konnten mich in diesem Jahr allerdings nicht überzeugen.

Sonntag, 3. Juni 2018

A Way Out - Ein kooperatives Gangsterdrama mit einer einzigartigen Dynamik

Bereits im Rahmen der Ankündigung auf der E3 2017 hatte mich Hazelights kooperatives Abenteuer "A Way Out" angesprochen. Der spielerische Fokus auf den kooperativen Mehrspieler und die Dynamik zwischen zwei teils sehr unterschiedlichen Charakteren sollte auch zur Veröffentlichung im März 2018 weiterhin einen positiven Eindruck auf mich hinterlassen.

In "A Way Out" erlebt man die Geschichte von Vincent und Leo, zwei Strafgefangenen, deren Schicksale sich schnell kreuzen sollten. Vincent, der unter anderem für einen Mord in die Strafanstalt geschickt wurde, findet sich in der Zelle neben Leo wieder, einem Ganoven mit einem italienischen Temperament. Die Geschichte ist in den 1970ern angesiedelt, sodass man auch zahlreiche Anspielungen an die Zeit entdecken kann. Zudem konnten sich die Entwickler auch Anlehnungen an einige bekannte Filme wie "Die Verurteilten" nicht verkneifen.

Anfangs handelt es sich bei "A Way Out" um eine Gefängnisgeschichte, in der die beiden Protagonisten erkennen, dass sie einen gemeinsamen Feind haben, der ihnen auch innerhalb der Gefängnismauern ans Leder möchte und seine Handlanger auf einen losschickt. Aus der Not heraus entscheiden sich die beiden dazu aus dem Gefängnis auszubrechen, woraufhin eine Geschichte entsteht, in der sich Vincent und Leo auf der Flucht befinden und zugleich versuchen ihre Probleme zu lösen.

Dem Game Director Josef Fares und seinem Team bei Hazelight gelingt es in "A Way Out" eine mitreißende und auch emotionale Geschichte zu erzählen, in der die Schicksale zweier Personen so unmittelbar miteinander verbunden sind, dass auch die Zukunft der eigenen Familien dadurch beeinflusst wird.

Durch das kooperative Spielsystem ─ man kann "A Way Out" nicht im Einzelspieler spielen ─ entsteht eine Dynamik zwischen den Spielern, die in Symbiose zu den Charakteren auf dem Bildschirm steht. Man muss sich absprechen, zusammenarbeiten und letztendlich auch Diskussionen führen, um sowohl zu bestimmen, wie man vorgeht, als auch überhaupt ans Ziel zu kommen. Dabei kann man auch spielerisch eine Menge Abwechslung erwarten, in der vor allem situative Rätsel und Actionpassagen einander die Klinke geben. Dabei muss die Action nicht einmal im klassischen Stile eines Gangster-Films dargestellt werden. Vielmehr gelingt es den Entwicklern auch durch verschiedene Szenen wie eine Ruderfahrt auf einem reißenden Fluss eine Spannung zu erzeugen, die vor allem durch den Multiplayer intensiviert wird.

Zudem kommen auch ein weiteres Mal die Quick Time Events nicht zu kurz. Allerdings wirken diese selten aufgesetzt und zerstören nicht die Dynamik, die die filmisch inszenierten Szenen durch klug eingesetzte Kamerafahrten und Abblenden erschaffen. Die Entwickler spielen sogar mit dem Aspekt des Splitscreens, sodass man sowohl vertikal als auch horizontal den Bildschirm teilt und auch das Bildverhältnis je nach Fokus der Geschichte verändert. Diese Bild in Bild-Inszenierung sorgt gleichzeitig dafür, dass man selten alles mitbekommt, was beim Partner geschieht. Schließlich liegt der Fokus immer auf dem eigenen Bild. Dies fand ich besonders interessant, da sich diese Erfahrung auch mit der Erfahrung der Charaktere spiegelt, die auch nicht alles miterleben können, was dem anderen geschieht.

Eine weitere faszinierende Philosophie verfolgen die Entwickler mit dem Verzicht auf jegliches Backtracking. Sollte man einmal storytechnisch in einer "Sackgasse" landen, wird man nicht gezwungen den ganzen Weg zurückzugehen und wieder zurückzukehren, sobald man eine Lösung gefunden hat. Stattdessen wird man direkt in die nächste Szene versetzt, sodass man stets einen Fortschritt verspürt und die Handlung nie ins Stocken gerät. Darüber hinaus wird die Atmosphäre immer mal durch den Einsatz verschiedener Minispiele wie "Vier gewinnt", "Baseball" und vieles weiteres sowie auch zahlreiche Gespräche unter einander oder mit Passanten aufgelockert, auch wenn die Passanten hauptsächlich ihren Dienst als Statisten erfüllen, die bestenfalls einen groben Einblick in die Zeit und die Spielwelt geben.

Meiner Meinung nach hat es Hazelight geschafft eine packende Gangstergeschichte zu erzählen, die selbstverständlich von einigen Vorbildern aus der Film- und auch Spieleindustrie abschaut. Teilweise war mir die Action doch etwas zu übertrieben, sodass mir eine etwas reduziertere Darstellung besser gefallen hätte, jedoch habe ich mich häufig dabei erwischt, dass ich vor allem von dem Spiel mit der kooperativen Inszenierung beeindruckt war. Regelmäßig kommt es vor, dass man seinem Partner aus der Ferne zuschaut, während man selbst mitten in der Action steckt.

Am Ende haben die Entwickler das gemeinsame Abenteuer aufgebrochen und die Spieler vor eine Entscheidung gestellt, die man durchaus zwiespältig auffassen kann. Ich habe diesen Bruch allerdings als Charakterstudie des Spielers verstanden, der sich zu diesem Zeitpunkt mit seinem eigenen Charakter identifiziert. Hängt die eigene Loyalität an einem selbst oder vertraut man doch dem Partner? Leider bietet "A Way Out" nur eine Entscheidung zwischen entweder oder. Eine dritte Option hätte die Geschichte und das Spielerlebnis auf den Höhepunkt gebracht. Dies ist leider eine Möglichkeit, die Josef Fares hier verschenkt hat.

Abschließend muss ich auch die schauspielerische Leistung der beiden Protagonisten loben. Schließlich waren Josef Fares (Leo) und Eric Krogh (Vincent) am Werk, die als leitende Entwickler am Spiel beteiligt gewesen waren und somit nur Laienschauspieler sind. Sie haben ihre Charaktere menschlich dargestellt und eine Chemie versprüht, die dieses Abenteuer erst so mitreißend gemacht hat.

"A Way Out" konnte meine Erwartungen voll und ganz erfüllen. Hier und da gibt es zwar vereinzelte Szenen und auch spielerische Aspekte, die mich nicht vollkommen überzeugt hatten, jedoch haben die Entwickler eine kooperative Spielerfahrung auf den Bildschirm gezaubert, die sich von dem allgemeinen Verständnis eines "kooperativen Spiels" abhebt, in dem man tatsächlich sowohl im Spiel als auch zwischenmenschlich miteinander interagieren muss. Wer einmal ein einzigartiges Abenteuer erleben möchte, sollte sich einen Freund schnappen und "A Way Out" genießen. Interessanterweise muss auch nur ein Spieler das Spiel gekauft haben, um online mit einem Freund zu spielen. Alternativ kann man auch auf der Couch miteinander spielen.

What Remains of Edith Finch - Menschlich, deprimierend und so unfassbar faszinierend

Das narrative Adventure "What Remains of Edith Finch" aus dem Hause Giant Sparrow ist eines der Spiele des vergangenen Jahres, die ich unbedingt noch nachholen wollte. Bereits "The Unfinished Swan" konnte mich seinerzeit mit seiner ruhigen und minimalistischen Erzählung und Präsentation zu großen Teilen überzeugen, weshalb ich auf "What Remains of Edith Finch" zumindest gespannt gewesen war.

In "What Remains of Edith Finch" kann man die düstere und traurige Vergangenheit der Familie Finch in mehreren Geschichten miterleben. Schließlich soll auf der Familie ein Fluch liegen, dem alle Familienmitglieder früher oder später zum Opfer fallen. Mit Edith Finch kehrt man in das alte, verlassene Familienanwesen zurück und wirft einen Blick in die Vergangenheit.

Giant Sparrow ist es gelungen ein Haus zu entwerfen, das nicht nur voller Abstrusitäten und kleiner Geheimnisse steckt, sondern stets ein Gefühl der Lebendigkeit und eine unnachahmliche Faszination ausstrahlt. Ich hatte mich darin verloren mir die Bilder und Zimmer bis ins kleinste Detail anzuschauen, da die Familie Finch überaus interessant wirkte. Neben einem Kinderstar und einem Kriegsfotografen gab es in der Familie auch Träumer, Einsiedler und Künstler. Ich fand es faszinierend zu erleben, wie die Familie mit Verlust und Trauer umgegangen ist.

Die zahlreichen Geschichten waren ebenso spannend wie auch abwechslungsreich. Nicht nur inhaltlich ist es Giant Sparrow gelungen eine packende Geschichte zu erzählen; die Inszenierung konnte immer wieder überraschen, indem man den Charakter einer jeden Person auch entsprechend in das Spiel eingebunden hat. So wurden die verschiedenen Schicksale der Finch-Mitglieder auch spielerisch einzigartig umgesetzt. Neben Passagen aus der Ego-Perspektive bekommt man auch Tabletop-Abenteuer und mehr geboten, die teils durch simple Interaktionen und teils durch mitreißende Ideen im Sinne der Erzählung vermittelt wurden.

Immer wieder erwischte ich mich dabei, dass ich staunend vor dem Bildschirm saß und mir kein Wort und kein einziger Kommentar über die Lippen kam, da mich die Schicksale der Figuren mitgerissen und an die Couch gefesselt hatten. Giant Sparrows Geschichte der Trauer, Trauerbewältigung und des Umgangs mit dem eigenen Schicksal wirkte auf mich ganzzeitig überaus menschlich.

"What Remains of Edith Finch" hatte ich zwar in knapp zwei Stunden durchgespielt, doch diese konnten so gut unterhalten, dass ich Giant Sparows aktuellstes Werk mühelos auch nachträglich in meine Top-Liste des Jahres 2017 aufnehme. Wer sich mit narrativen Adventures mit einem zweckmäßigen Gameplay anfreunden kann, sollte sich dieses Werk zumindest einmal zu Gemüte führen.