Donnerstag, 31. Dezember 2015

Sind zu spielerische Spiele Ladenhüter?

Vor kurzem hatte ich ein Interview von Kinda Funny Games mit "God of War"- sowie "Twisted Metal"-Schöpfer David Jaffe gesehen, in dem sie ursprünglich über Jaffes kommenden Free-to-Play Arena-Shooter "Drawn to Death" sprechen wollten. Allerdings kam dann plötzlich Double Fine-Chef Tim Schafer hinzu und die beiden Entwickler kamen zu einem allgemeinen Diskurs über Videospiele.

David Jaffe erzählte eine Anekdote dazu, dass er Tim Schafer zur Zeit von "Brütal Legend" gesagt hatte, dass die Echtzeit-Strategie-Elemente für einige Probleme sorgen könnten. Und letztendlich stellte sich nach der Veröffentlichung von "Brütal Legend" heraus, dass die meisten Spieler eben jene Passagen des Titels nicht sonderlich prickelnd fanden und so manchen gar zum Abbruch sowie zum Weiterverkauf anregten.

Doch dann sagte Tim Schafer etwas, was mich zum Denken anregte. Er sagte, dass sein Team von Double Fine Titel wie eben "Brütal Legend" als "too gamey" betitelt. Kann es also sein, dass Videospiele zu viel Gameplay bieten können? Zu viele Mechaniken, die die Spieler nicht begeistern, sondern aufgrund ihrer Komplexität eher abstoßen?


Wenn man sich den Markt in der heutigen Zeit anschaut, dann werden die Verkaufscharts von Titeln dominiert, die durchaus grundsolide Mechaniken haben, jedoch nie so tief in die Materie eintauchen, dass Neulinge oder Gelegenheitsspieler davon Abstand nehmen.

"Call of Duty", "Grand Theft Auto", "Battlefield", "FIFA", "Uncharted" und "Halo" sind nur einige der großen Titel, die in aller Regelmäßigkeit millionenfach den Weg in die Haushalte finden. Doch sind sie allesamt spieltechnisch so simpel gehalten, dass jeder Anfänger ohne große Übung und Frustration erste Erfolge feiern kann.

Dies ist grundlegend nichts Schlechtes, sondern es ist die natürliche Entwicklung der Videospielbranche zu einem Massenmarkt, der sich vor allem auf einen Unterhaltungsfaktor konzentriert. Dadurch sind heutzutage zahlreiche große Titel gefüllt mit Videosequenzen und einer Bombastinszenierung, die leicht verdaulich ist.
Allerdings gibt es auch heutzutage Spiele, die einer Zeit ihre Ehre erweisen, in der es mehrere Ebenen an Gameplaymechnaniken gab, die den Spielern alles abverlangten. Teilweise kann man sogar von einer Überbelegung der Tasten sprechen, wenn man pro Taste teils drei verschiedene Mechaniken auslöst. Für solche Spiele sind eben die oben erwähnten David Jaffe und Tim Schafer bekannt. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein Spiel dementsprechend auch "zu spielerisch" sein kann?

Wenn man es rein auf eine wirtschaftliche Perspektive zieht, dann kommt es regelmäßig dazu, dass sich Titel mit tiefergehenden Spielmechaniken ("Twisted Metal", "Vanquish", "Bayonetta" und Co) meist unter den allgemeinen Erwartungen verkaufen. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen wie die Action-Rollenspiele "Dark Souls" und "Bloodborne" aus dem Hause From Software, die eine Vielzahl an passiven Mechaniken aufweisen und sich trotzdem millionenfach verkaufen. Allerdings haben diese von Haus aus den Ruf weg, dass sie besonders schwierig seien und kreieren allein dadurch bereits eine faszinierende Sog-Wirkung auf die sogenannte Core-Gamerschaft. Jedoch schaffen es auch die "Souls"-Titel nicht in die Sphären der Verkaufszahlen vorzudringen, die die klassischen Blockbuster erreichen. Denn die Schwierigkeit, die zum Teil halt eben auch mit verschiedenen Spielmechaniken zusammenhängt, schreckt auch wieder zahlreiche Spieler ab.

Andere Titel wie "Disgaea", "Vanquish" und Co. werden zwar stets als Geheimtipps genannt, jedoch sind sie kommerziell meist nicht mehr als kleine Strohfeuer. Doch liegt das lediglich an den Spielmechaniken oder vermissen die Spieler den klassischen AAA-Standard mit der grafischen Speerspitze, zahlreichen cineastischen Zwischensquenzen und eine Mischung aus Einzel- sowie Mehrspielerelementen?

Letztendlich liegt der Grund in einer Mischung aus beiden Elementen. Nehmen wir nämlich das im vergangenen Monat veröffentlichte "Star Wars Battlefront" zum Vorbild, so konnte man bereits im Vorfeld der Veröffentlichung mit einem Verkaufsschlager rechnen. Schließlich handelt es sich um einen Titel der weltweit bekannten "Star Wars"-Marke, der zudem wenige Wochen vor dem Start des aktuellen Kinofilms "Star Wars: Das Erwachen der Macht" auf den Markt geschmissen wurde. Nichtsdestotrotz haben Electronic Arts und DICE auch beim Spiel an sich nachgeholfen. So bietet "Star Wars Battlefront" eine beeindruckende Grafik- und eine ebenso überzeugende Soundkulisse. Zudem wurde das allgemeine Gameplay so stark reduziert, dass Neulinge keinerlei Probleme mit den Mechaniken haben und sich auch nicht die Finger verknoten müssen. Es ist die einfachste und zugleich klassischste Form von "Pick up & Play".

Ein weiteres Paradebeispiel ist auch unser Lieblingsklempner Mario, der seit dem Nintendo 64 auch in 3D-Welten herumspringt. In den vergangenen zehn Jahren waren die beiden "Super Mario Galaxy"-Titel vor allem bei Kritikern einige der beliebtesten Titel und gelten als Meisterwerke. Doch in den Verkaufszahlen hat sich dies nicht so stark widerspiegelt, wie man letztendlich vermuten kann. "Super Mario Galaxy" verkaufte sich noch 12,5 Millionen Mal, wohingegen der Nachfolger lediglich 7,41 Millionen Einheiten absetzen konnte. Interessanterweise hat der 2D-Ableger "New Super Mario Bros. Wii" im September 2015 die 29 Millionen-Marke geknackt. Ist das ein Zufall?

Garantiert nicht. Bekanntermaßen sind 2D-Mario-Titel das Herz des Jump'n'Run-Genres und sind sowohl für jung und alt, für Casual- und Core-Gamer spielbar. Die 3D-Titel erfordern hingegen noch einen geübten Umgang mit der freibeweglichen Kamera und ein gewisses Raumgefühl, um den Gegnern auch auf die Rübe zu springen.

Wenn man sich demnach ein wenig umschaut, kann man recht schnell erkennen, dass David Jaffe und Tim Schafer durchaus ein Argument haben, wenn sie einen Titel als "zu spielerisch" betiteln. Zumindest wenn man dies von dem kommerziellen Standpunkt heraus sieht.

Doch mich persönlich interessieren diese "zu spielerischen" Titel deutlich mehr als jeder Blockbuster-Titel. Im kommenden Jahr stehen auf meiner Spieleliste dick und fett Titel wie "Street Fighter V", "Persona 5" oder auch "Drawn to Death", die allesamt mehr Spielmechaniken und Feingefühl bieten als es dem Massenmarkt lieb sein kann. Während ich bei "Drawn to Death" dafür bete, dass genügend Spieler diesem Free-to-Play-Titel eine Chance geben, mache ich mir bei "Persona 5" und "Street Fighter V" eher geringere Sorgen. Das JRPG ist vor allem im japanischen Raum eines der meist erwarteten Spiele überhaupt und "Street Fighter V" versucht auch etwas einsteigerfreundlicher zu werden und bietet den Spielern unter anderem ein Tutorial an.

Dementsprechend lasst Spiele ruhig "zu spielerisch" sein, denn ohne diese Spiele wäre die Gaming-Landschaft doch etwas zu trist. Und jeder Spieler sollte solchen Titeln ebenfalls einmal eine Chance geben. Wer weiß, was man letztendlich alles entdecken wird.

3 Kommentare:

  1. Ich glaube, weil viele Menschen genervt und entkräftet von der Arbeit heimkommen, wollen sie sich beim Zocken entspannen. Aber wie soll das gehen, wenn das Spiel von einem auch noch was abverlangt?
    Deswegen sind die meisten Spiele eher cineastisch und nehmen den Spieler an der Hand, anstatt, dass sie das sind, was sie sein sollen.
    Für mich persönlich entwickelt sich die Industrie immer mehr in kreativlose Anspruchslosigkeit (Gameplaytechnisch), und wenn ich lese, wie sehr die Spieler solche Spiele abfeiern, kann ich nur den Kopf schütteln. Sie sind ja nicht mal kritisch, sondern nur mächtig gehyped. Das ist mein größtes Problem. Sie haben keine richtige Meinung und wenn einer eine hat, wird er im meisten Falle zugebashed mit "Du hast keine Ahnung".
    "Vanquish" war ein Klassespiel, von dem ich gerne mehr sehen würde. Action genau nach meinem Geschmack. Drawn to Death werde ich aufjedenfall eine Chance geben.

    Heutige Blockbusterspiele bieten (sehr) gut geschriebene Geschichten, (sehr) gut geschriebene Charaktere und (sehr) gut designte Umgebungen, aber leider zuviele Skripte, was mich einfach stört, weil mir das Spiel nicht die komplette Kontrolle über meine Handlungen gibt.
    Aber leider feiern genug Spieler solche Spiele, sodass sich immer mehr Publisher dorthin orientieren. Von dem ganzen DLC-Season Pass-Mikrotransaktion-Gedöns will ich gar nicht erst anfangen.

    Ich habe im Grunde kein Problem mit solchen Spielen, weil es eben auch diese Art geben sollte, einfache Kost zum Entspannen, aber so wie sich das aktuell entwickelt, finde ich es sehr schade, wenn ich das verschwendete Potenzial in einem AAA Titel sehe. Was ND aus The Last of Us zum Beispiel rausholen hätte können, meine Fresse ^^

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es ist durchaus ein Grund, dass sich die Spielerschaft nun nicht mehr ausschließlich aus Kindern und Jugendlichen zusammensetzt, sondern mittlerweile alle Altersschichten ihre Freizeit mit Videospielen verbringen. Da wundert es auch nicht, dass sich die kaufkräftigen Spieler eben den typischen Blockbustern widmen.

      Ich bin nicht einmal der Meinung, dass sich die Branche an sich in eine gameplaytechnisch vereinfachte Richtung entwickelt. Für Blockbuster mag das meist durchaus gelten, denn wie im Artikel ausgeführt, hängen Schwierigkeit und Verkaufszahl durchaus zusammen. Allerdings kann man es nicht auf den kompletten Markt beziehen, dass alles einfacher wird.

      Denn es gibt durchaus noch zahlreiche Spiele, die von einem Spieler alles Mögliche abverlangen und auch ein gewisses Maß an Hirnschmalz und Fingerfertigkeit benötigen. Man nehme in den letzten Jahren nur Titel wie "Catherine", "Wasteland 2", "Disgaea", "Metal Gear Rising: Revengeance" und noch viele mehr.

      Das Problem ist eher, dass solche Spiele meist auf dem Markt und auf den zahlreichen Newsseiten untergehen, da man heutzutage grundsätzlich von Spielen überflutet wird. Man schaue sich nur an, was in diesem Jahr alleine schon für die PlayStation 4 erscheint. Würde ich jeden Titel, der mich interessiert, zum Release kaufen, wäre ich pleite.

      Blockbustertitel bieten nicht zwingend gut geschriebene Geschichten und Charaktere. Es ist vielmehr die reine Inszenierung, die die Spieler fesselt. Wann hatte "Call of Duty" zuletzt wirklich eine gute Geschichte? "Uncharted" sehe ich nun auch nicht als erzählerisches Meisterwerk. Allerdings sind die Inszenierungen kinoreif und voller Popcorn-Knall.

      Das verschwendete Potential in einem AAA-Titel wie "The Last of Us"? Da ist das Spiel auch schon genannt, bei dem ich stets mit meiner Meinung polarisiere. :D

      P.S. Schön, dass du "Drawn to Death" eine Chance geben wirst. Sobald es offiziell erschienen ist, können wir uns ja mal gemeinsam daran versuchen. :D

      Löschen
    2. Ja stimmt, ich habe mich zu sehr hinreissen lassen anstatt mit Hirn zu schreiben, daher diese pauschalisierenden Formulierungen. Es gibt natürlich genug Spiele, die von einem was abverlangen. Es wird wohl eher der Gedanke bei mir sein, weil ich einem AAA Titel viel Geld reinfließt, aber die meisten Entwickler sich zu sehr auf die nebensächlichen Dinge konzentrieren anstatt auf die Authentizität und Interaktion. Wenn es Indie- oder Titel mit geringerem Budget es schaffen, warum dann nicht die Großen? Alien: Isolation hat sehr Gut gezeigt, dass es gehen kann.

      Wobei man eben denen nicht mal was vorwerfen kann, weil sie sich nach den Kunden orientieren. Und denen ist es einfach egal. Sie hypen einen Titel und somit ist es der nächste goldene Gral. Erstaunlicherweise kann sich mancher Publisher einiges an Fehlern erlauben und trotzdem wird der nächste Titel heiß erwartet.
      Und in einem hast du definitiv recht: An Spielen mangelt's uns nicht.

      PS: Das kann sich einrichten lassen ;)

      Löschen