Sonntag, 3. Juni 2018

A Way Out - Ein kooperatives Gangsterdrama mit einer einzigartigen Dynamik

Bereits im Rahmen der Ankündigung auf der E3 2017 hatte mich Hazelights kooperatives Abenteuer "A Way Out" angesprochen. Der spielerische Fokus auf den kooperativen Mehrspieler und die Dynamik zwischen zwei teils sehr unterschiedlichen Charakteren sollte auch zur Veröffentlichung im März 2018 weiterhin einen positiven Eindruck auf mich hinterlassen.

In "A Way Out" erlebt man die Geschichte von Vincent und Leo, zwei Strafgefangenen, deren Schicksale sich schnell kreuzen sollten. Vincent, der unter anderem für einen Mord in die Strafanstalt geschickt wurde, findet sich in der Zelle neben Leo wieder, einem Ganoven mit einem italienischen Temperament. Die Geschichte ist in den 1970ern angesiedelt, sodass man auch zahlreiche Anspielungen an die Zeit entdecken kann. Zudem konnten sich die Entwickler auch Anlehnungen an einige bekannte Filme wie "Die Verurteilten" nicht verkneifen.

Anfangs handelt es sich bei "A Way Out" um eine Gefängnisgeschichte, in der die beiden Protagonisten erkennen, dass sie einen gemeinsamen Feind haben, der ihnen auch innerhalb der Gefängnismauern ans Leder möchte und seine Handlanger auf einen losschickt. Aus der Not heraus entscheiden sich die beiden dazu aus dem Gefängnis auszubrechen, woraufhin eine Geschichte entsteht, in der sich Vincent und Leo auf der Flucht befinden und zugleich versuchen ihre Probleme zu lösen.

Dem Game Director Josef Fares und seinem Team bei Hazelight gelingt es in "A Way Out" eine mitreißende und auch emotionale Geschichte zu erzählen, in der die Schicksale zweier Personen so unmittelbar miteinander verbunden sind, dass auch die Zukunft der eigenen Familien dadurch beeinflusst wird.

Durch das kooperative Spielsystem ─ man kann "A Way Out" nicht im Einzelspieler spielen ─ entsteht eine Dynamik zwischen den Spielern, die in Symbiose zu den Charakteren auf dem Bildschirm steht. Man muss sich absprechen, zusammenarbeiten und letztendlich auch Diskussionen führen, um sowohl zu bestimmen, wie man vorgeht, als auch überhaupt ans Ziel zu kommen. Dabei kann man auch spielerisch eine Menge Abwechslung erwarten, in der vor allem situative Rätsel und Actionpassagen einander die Klinke geben. Dabei muss die Action nicht einmal im klassischen Stile eines Gangster-Films dargestellt werden. Vielmehr gelingt es den Entwicklern auch durch verschiedene Szenen wie eine Ruderfahrt auf einem reißenden Fluss eine Spannung zu erzeugen, die vor allem durch den Multiplayer intensiviert wird.

Zudem kommen auch ein weiteres Mal die Quick Time Events nicht zu kurz. Allerdings wirken diese selten aufgesetzt und zerstören nicht die Dynamik, die die filmisch inszenierten Szenen durch klug eingesetzte Kamerafahrten und Abblenden erschaffen. Die Entwickler spielen sogar mit dem Aspekt des Splitscreens, sodass man sowohl vertikal als auch horizontal den Bildschirm teilt und auch das Bildverhältnis je nach Fokus der Geschichte verändert. Diese Bild in Bild-Inszenierung sorgt gleichzeitig dafür, dass man selten alles mitbekommt, was beim Partner geschieht. Schließlich liegt der Fokus immer auf dem eigenen Bild. Dies fand ich besonders interessant, da sich diese Erfahrung auch mit der Erfahrung der Charaktere spiegelt, die auch nicht alles miterleben können, was dem anderen geschieht.

Eine weitere faszinierende Philosophie verfolgen die Entwickler mit dem Verzicht auf jegliches Backtracking. Sollte man einmal storytechnisch in einer "Sackgasse" landen, wird man nicht gezwungen den ganzen Weg zurückzugehen und wieder zurückzukehren, sobald man eine Lösung gefunden hat. Stattdessen wird man direkt in die nächste Szene versetzt, sodass man stets einen Fortschritt verspürt und die Handlung nie ins Stocken gerät. Darüber hinaus wird die Atmosphäre immer mal durch den Einsatz verschiedener Minispiele wie "Vier gewinnt", "Baseball" und vieles weiteres sowie auch zahlreiche Gespräche unter einander oder mit Passanten aufgelockert, auch wenn die Passanten hauptsächlich ihren Dienst als Statisten erfüllen, die bestenfalls einen groben Einblick in die Zeit und die Spielwelt geben.

Meiner Meinung nach hat es Hazelight geschafft eine packende Gangstergeschichte zu erzählen, die selbstverständlich von einigen Vorbildern aus der Film- und auch Spieleindustrie abschaut. Teilweise war mir die Action doch etwas zu übertrieben, sodass mir eine etwas reduziertere Darstellung besser gefallen hätte, jedoch habe ich mich häufig dabei erwischt, dass ich vor allem von dem Spiel mit der kooperativen Inszenierung beeindruckt war. Regelmäßig kommt es vor, dass man seinem Partner aus der Ferne zuschaut, während man selbst mitten in der Action steckt.

Am Ende haben die Entwickler das gemeinsame Abenteuer aufgebrochen und die Spieler vor eine Entscheidung gestellt, die man durchaus zwiespältig auffassen kann. Ich habe diesen Bruch allerdings als Charakterstudie des Spielers verstanden, der sich zu diesem Zeitpunkt mit seinem eigenen Charakter identifiziert. Hängt die eigene Loyalität an einem selbst oder vertraut man doch dem Partner? Leider bietet "A Way Out" nur eine Entscheidung zwischen entweder oder. Eine dritte Option hätte die Geschichte und das Spielerlebnis auf den Höhepunkt gebracht. Dies ist leider eine Möglichkeit, die Josef Fares hier verschenkt hat.

Abschließend muss ich auch die schauspielerische Leistung der beiden Protagonisten loben. Schließlich waren Josef Fares (Leo) und Eric Krogh (Vincent) am Werk, die als leitende Entwickler am Spiel beteiligt gewesen waren und somit nur Laienschauspieler sind. Sie haben ihre Charaktere menschlich dargestellt und eine Chemie versprüht, die dieses Abenteuer erst so mitreißend gemacht hat.

"A Way Out" konnte meine Erwartungen voll und ganz erfüllen. Hier und da gibt es zwar vereinzelte Szenen und auch spielerische Aspekte, die mich nicht vollkommen überzeugt hatten, jedoch haben die Entwickler eine kooperative Spielerfahrung auf den Bildschirm gezaubert, die sich von dem allgemeinen Verständnis eines "kooperativen Spiels" abhebt, in dem man tatsächlich sowohl im Spiel als auch zwischenmenschlich miteinander interagieren muss. Wer einmal ein einzigartiges Abenteuer erleben möchte, sollte sich einen Freund schnappen und "A Way Out" genießen. Interessanterweise muss auch nur ein Spieler das Spiel gekauft haben, um online mit einem Freund zu spielen. Alternativ kann man auch auf der Couch miteinander spielen.

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